Mit diesem Schreiben informiert der Vorstand über die Position der ogsa als Gremium zur Förderung der Disziplin und Profession der Sozialen Arbeit zum aktuellen Prozess hinsichtlich eines Berufsgesetzes und des Bezeichnungsschutzes in der Sozialen Arbeit.
Hintergrund des aktuell laufenden Prozesses ist das in der Regierungsvereinbarung erklärte Berufsrecht. Als einen ersten wichtigen Schritt zur gesetzlichen Regelung der Sozialen Arbeit ist seitens des Bundesministerium Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aktuell ein Bezeichnungsschutz für Fachkräfte der Sozialen Arbeit (Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen) geplant. Die ogsa unterstützt die Implementierung eines Berufsgesetzes und Titelschutzes, da diese wesentliche Rahmenbedingungen einer Profession darstellen. Im Rahmen dessen fanden Treffen zwischen Vertreter*innen von Kabinett und Verwaltung des BMSGPK, der Arbeiterkammer, des obds und der ogsa in Kooperation mit einem Vertreter der FH-Studiengänge Soziale Arbeit statt. Ein vom Ministerium verfasster nicht veröffentlichter Entwurf wurde von der oben genannten Vertreter*innen-Gruppe kommentiert und liegt aktuell den Regierungsparteien zur Vorbegutachtung vor (Stand 30.10.2023). Der mehrfach genannte Wunsch, den Entwurf fachlich transparent diskutieren zu können, wurde aufgrund dieser Vorabklärung zunächst zurückgestellt. Eine zeitliche Dimension hinsichtlich einer Rückmeldung wurde seitens des Ministeriums nicht mitgeteilt.
Ein thematischer Schwerpunkt des aktuellen Aushandlungsprozesses sind die zahlreichen unterschiedlichen Ausbildungszugänge im Kontext der Sozialen Arbeit in Österreich. Unbestreitbar ist die Notwendigkeit einer umfassenden qualifizierenden Ausbildung in Form von u.a. akademischen Lehrgängen oder Studiengängen an den Fachhochschulen und Universitäten. Inhalte und Ausmaß der Ausbildung/des Studiums zur Erfüllung des Bezeichnungsschutzes orientieren sich dabei selbstverständlich an dem im Kontext der Profession und Disziplin elementaren Dokument „global standards for education and training“ vom IFSW/IASSW (https://www.ifsw.org/global-standards-for-social-work-education-and-training/). Im Sinne dieser internationalen Standards müssen sich angehende Fachkräfte der Sozialen Arbeit bis zum Ende ihrer ersten Berufsqualifikation als Sozialarbeiter*innen/Sozialpädagog*innen – unabhängig eines Bachelor- oder Masterstudiums – sowohl mit relevantem praktischen, praxisorientierten als auch theoretischen Fachwissen ausreichend auseinandersetzen. Das mit einem Bezeichnungsschutz grundsätzlich verbundene Ziel – die Sicherung der Qualität der professionellen und akademischen Sozialen Arbeit zum Schutz sowohl der Adressat*innen als auch der in diesem Kontext tätigen Fachkräfte – kann selbstverständlich nur durch eine umfassende Ausbildung/ein umfassendes Studium sichergestellt werden.
Bei einem einschlägigen Masterstudium der Sozialen Arbeit im Umfang von 120 ECTS müssen, laut aktuellem Entwurf, wesentliche Inhalte des Grundstudiums Soziale Arbeit und/oder Praxiserfahrung im Umfang von 60 ECTS bis zum Abschluss des Masterstudiums nachgewiesen werden, um den Berufstitel tragen zu können. Die bereits von den Fachhochschulen bestehende Praxis, vorhandenes Wissen und Qualifikationen anzuerkennen, wird im aktuellen Entwurf nicht berührt. Diese 60 ECTS sind in der Regel Bestandteil des Aufnahmeverfahrens bei Qualifikationsnachweisen. Von Studienbewerber*innen aus fachlich benachbarten Studienrichtungen können diese, bei Bedarf, während des MA-Studiums komplettiert werden. Zudem können Praxiserfahrungen, die vor dem Studium erworben wurden, angerechnet werden.
Da die Umsetzung der Anforderungen im Einflussbereich der jeweiligen Ausbildungsstätten liegt, sind aus unser Sicht zur Erfüllung des Bezeichnungsschutzes objektive standardisierte Kriterien der Disziplin und Profession entlang den internationalen Standards dringend erforderlich.
Vorstand der ogsa – Österreichische Gesellschaft für Soziale Arbeit
Wien, Oktober 2023